Wie alles begann

Die Nacht legte sich wie ein seidiger Schleier über die Dächer der Stadt, und in einem unscheinbaren Altbau, dessen Fassade hinter dichten Efeuranken verborgen lag, flackerte warmes Licht durch schwere Vorhänge. Von außen wirkte alles gewöhnlich, harmlos sogar. Doch hinter diesen Mauern spielten sich Geschichten ab, über die Nachbarn nur hinter vorgehaltener Hand sprachen – wenn überhaupt. Denn was hier geschah, blieb verborgen zwischen samtenen Tapeten und verwinkelten Zimmern, zwischen Lachen, geflüsterten Geheimnissen und Momenten intensiver Stille, die jene, die sie erlebten, miteinander verbanden. Es gab Regeln in diesem Haus, geschrieben wie ungeschrieben, und wer sie nicht verstand oder befolgen wollte, verschwand so leise wie er gekommen war, ohne Spuren zu hinterlassen.

Samy betrachtete sich im Spiegel seines kleinen, spärlich möblierten Zimmers. Ein Streifen Licht der Straßenlaterne fiel durch die schmale Lücke der Vorhänge und zeichnete goldene Linien auf seine Haut. Seit genau drei Wochen war er nun hier, ein Teil dieser Gemeinschaft, die nach außen hin rätselhaft verschlossen wirkte. Sein Herz schlug schneller, als er an die gestrigen Ereignisse dachte – die gemeinsamen Rituale, bei denen er sich gleichermaßen fremd und gleichzeitig unerklärlich willkommen gefühlt hatte. Noch immer fiel es ihm schwer, sich völlig frei zu bewegen, obwohl ihm klar war, dass genau das hier gefordert wurde: eine radikale Offenheit, fast so, als ob die Bewohner durch diese Offenheit etwas suchten, was weit über simple Gemeinschaft hinausging.

Samy hatte als Jugendlicher stets schüchtern am Rand gestanden, verlegen und unsicher, wenn Gespräche oder gar Berührungen persönlicher wurden. Doch irgendetwas in ihm hatte sich verändert, eine leise Sehnsucht hatte sich seinen Weg gebahnt, und er hatte beschlossen, nicht länger Beobachter seines eigenen Lebens zu sein. Er hatte sich mutig beworben und das strenge Auswahlverfahren bestanden, ein mehrstufiges Casting, das jeder, der überhaupt hier wohnen will, durchlaufen musste – ein Prozess, bei dem auch Alter, Geschlecht und Auftreten der Kandidaten entscheidend waren; hinzu kamen verbindliche wöchentliche Aktivitäten, die bereits im Mietvertrag verankert waren und deren Nichteinhaltung unweigerlich dazu führte, dass man diese geheimnisvolle Gemeinschaft wieder verlassen musste – all das erfüllte ihn noch heute, beim bloßen Gedanken daran, mit einer Mischung aus Stolz und Scham. Nun musste er beweisen, dass er nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich zu diesem geheimnisvollen Kreis gehörte.

Ein leises Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken. Er atmete tief durch, richtete seine Haltung auf und öffnete langsam, bereit, heute einen weiteren Schritt in diese unbekannte Welt zu wagen.

Es war Davina, die in der Tür stand. Ihre vom Baden nassen Haare glänzten weich und dunkel im gedämpften Licht, und ihr schlanker, aber kurviger Körper war lediglich in ein weißes Minikleid gehüllt, das ihre zarte Haut nur lose umspielte. Samys Blick glitt einen kurzen Moment über ihre süßen kleinen Füße mit frisch lackierten Nägeln, deren Rot so verführerisch glänzte, als hätte es das Licht eingefangen, um sich dann langsam weiter nach oben zu tasten – bis er schließlich ihren tiefen, erwartungsvollen Augen begegnete. Ein Hauch ihres vertrauten Parfüms „La vie est belle“ umwehte sie, süß und verführerisch wie ein flüchtiges Versprechen. Samy schluckte, spürte seine Wangen warm werden und fragte mit gespielter Lässigkeit, die ihm selbst ein wenig fremd vorkam: „Ja, was ist?“

Davina lächelte geheimnisvoll, trat einen halben Schritt näher und senkte leicht ihre Stimme. „Es wurde ausgelost, Samy. Heute Abend geht es weiter – diesmal mit drei anderen Themen.“ Ihre Worte waren wie ein sanftes Streicheln, ein beinahe unmerkliches Versprechen, das seine Sinne schärfte. Sofort wusste er, was sie meinte: jene wöchentlichen Zusammenkünfte, die der Kern der Wohngemeinschaft – Devin, Tanya und Peter – mit eiserner Disziplin und fast schon zeremonieller Sorgfalt einforderte. Diese Abende waren ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens hier; verpflichtend, kompromisslos, von allen gemeinsam zelebriert und zugleich wachsam kontrolliert, denn wer nicht regelmäßig teilnahm, riskierte seinen Platz in der Gemeinschaft.

Samys Herz schlug schneller, halb vor Erwartung, halb aus nervöser Unsicherheit, während Davina vor ihm stand, umhüllt von diesem Duft, der seine Gedanken verwirrte und ihn zugleich unausweichlich in ihren Bann zog.

Samy folgte Davina schweigend den dämmrig beleuchteten Flur entlang zum Wohnzimmer, die nackten Fußsohlen weich und kaum hörbar auf den alten Dielen, die unter jedem Schritt leise knarrten, als würden sie ein Geheimnis hüten. Er ließ seinen Blick auf ihrem zarten Nacken ruhen, den die noch feuchten Haarsträhnen sanft küssten, und spürte den betörenden Duft ihres Parfüms, der in feinen Wogen hinter ihr herzog und ihn wie ein unsichtbares Band führte.

Im Wohnzimmer herrschte eine erwartungsvolle, fast elektrisierende Stille. Dezentes Licht von Kerzen tauchte den Raum in ein warmes Zwielicht, in dem sich nackte Haut und seidige Stoffe auf sinnliche Weise mischten. Peter saß entspannt auf dem großen Ledersofa, seinen athletischen Körper nur halb von einem flüchtig umgelegten Bademantel bedeckt, während Saskia neben ihm, völlig unbekleidet und in entspannter Eleganz, ihre langen Beine an den Körper gezogen hatte. Devin stand mit ernstem Blick am Rand des Tisches, ein Handtuch locker um die Hüften geschlungen, und Tanya saß leicht erhöht auf einem antiken Sessel, stolz und anmutig, mit nichts als einem hauchdünnen Seidenschal bedeckt, der mehr offenbarte, als er verbarg.

Samy nahm neben Davina Platz, sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er die Blicke der anderen auf sich fühlte. Genau in diesem Moment schlug die antike Pendeluhr achtmal an, ein klarer, melodischer Klang, der den Beginn der abendlichen Zeremonie signalisierte.

Ohne Vorwarnung erhob Devin seine tiefe, autoritäre Stimme, klar und bestimmend: „Heute Abend ist wieder etwas Besonderes geplant.“ Tanya übernahm nahtlos mit weicher, aber nicht minder entschiedener Stimme: „Wie üblich haben wir ausgelost, und wie immer entscheidet das Schicksal über die nächsten Stunden.“ Peter ergänzte lächelnd, aber nicht minder ernst: „Drei Paare werden gebildet, um miteinander die Nacht zu verbringen, gemeinsam in einem Bett, in vertrauter Nähe – ungeachtet dessen, wie sehr ihr euch bislang kennt.“

Samy spürte, wie ein leichter Schauer seinen Rücken hinab rann. Devin blickte bedeutungsvoll in die Runde und erklärte weiter: „Es geht um Vertrauen, Nähe und darum, Grenzen zu überwinden.“ Tanya setzte fort: „Heute Nacht ist niemand allein. Ihr werdet euch zeigen und kennenlernen müssen – in jeder Hinsicht.“ Schließlich schloss Peter mit einer warmen, verführerischen Note in der Stimme: „Es ist Zeit, den Mut zu beweisen, den wir von jedem erwarten, der ein Teil von uns bleiben will.“

Ein erwartungsvolles Schweigen folgte diesen Worten. Samy sah kurz zu Davina, deren Blicke er auf sich spürte, und atmete tief ein, als sich ihre Finger fast unmerklich, aber doch bestimmt mit den seinen verschränkten. Die Zeremonie hatte begonnen, und es gab kein Zurück mehr.

Samys Puls raste, als Tanya mit ruhiger Stimme begann, die ausgelosten Paare vorzulesen. Er hörte seinen Namen wie aus weiter Ferne – dann, unmittelbar danach, den von Devin. Ein eisiger Schauer jagte durch seinen Körper, sein Mund wurde trocken, und er spürte, wie sein Magen sich zusammenzog. Er sah vorsichtig zu Devin hinüber, dessen Blick ruhig und unergründlich blieb, als hätte er dieses Ergebnis längst erwartet.

Peter erhob sich langsam und lächelte in die Runde. „Damit ist alles geklärt“, sagte er leise und doch bestimmt. „Ihr könnt jetzt noch tun, was ihr möchtet – alleine oder zusammen –, doch denkt daran: Heute Nacht tut ihr das, was von euch verlangt wird. Wir vertrauen darauf, dass ihr euch darauf einlassen werdet.“

Die Gemeinschaft zerstreute sich langsam, murmelnde Stimmen, dezentes Lachen, tastende Berührungen. Doch Samy stand wie gelähmt da, seine Gedanken kreisten chaotisch in seinem Kopf. Er war hetero, hatte noch nie daran gedacht, einem anderen Mann körperlich nah zu sein. Stundenlang lief er auf und ab, saß auf seinem Bett, starrte an die Decke und dachte nach. Wie würde es sein, neben Devin zu liegen, einem derjenigen, der über sein Schicksal in der WG entschied? Welche Erwartungen hatte Devin? Würde er ihn berühren? Und wenn ja, wie sollte er darauf reagieren?

Nach ein paar Stunden legte sich Samy schließlich, immer noch völlig zerstreut, zum schlafen ins Bett. Irgendwann klopfte es dann sanft und fast unhörbar an seiner Tür. Devin trat wortlos ein, mit der ruhigen Selbstverständlichkeit eines Mannes, für den diese Situation nichts Ungewöhnliches zu sein schien. Er zog seinen Bademantel aus, faltete ihn ordentlich auf einen Stuhl und legte sich neben Samy ins Bett. Beide starrten schweigend zur Decke, die Dunkelheit legte sich schwer und intim um sie. Devin atmete ruhig, während Samy nervös schluckte und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Es war seltsam friedlich und zugleich aufwühlend. Jeder von ihnen spürte die Anwesenheit des anderen, die Wärme, die von seinem Körper ausging, und die ungesagten Fragen, die in der Luft hingen.

Langsam, sehr langsam, fanden beide ihren Schlaf, einander nah, aber ohne sich zu berühren, getrennt und verbunden zugleich durch diese Nacht, in der Samy seinen Platz und seine Grenzen neu erfahren musste.

Die Nacht schlich quälend langsam voran. Neben ihm atmete Devin gleichmäßig, scheinbar tief und entspannt, während bei Samy allmählich ungewollte Emotionen aufstiegen. Alte Zweifel kehrten zurück, solche, die er längst hinter sich geglaubt hatte: Die Unsicherheit seiner Jugendjahre, das erdrückende Gefühl, nie richtig männlich zu sein, nie stark genug, nie attraktiv genug, um jene spielerische Leichtigkeit zu erlangen, mit der sich Männer wie Devin mühelos durch das Leben zu bewegen schienen.

Seine Augen wanderten unwillkürlich zu Devin hinüber, dessen Konturen im schwachen Licht, das durch den Spalt der Gardinen fiel, gerade so sichtbar waren. Ein athletischer, selbstbewusster Körper, an dem kein Gramm zu viel war, jede Muskelpartie definiert, jede Bewegung fließend, natürlich. Samy schluckte. Wie oft hatte er sich heimlich verglichen, sich gemessen an anderen, stärker empfundenen Männern, und stets das Gefühl gehabt, irgendwo hinterherzuhinken, etwas Grundlegendes zu verpassen?

Die Gedanken wurden immer persönlicher, immer intimer. Wie sah Devin wohl nackt aus – richtig nackt, aus nächster Nähe? Samy spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg, seine Scham mischte sich mit einer seltsamen Faszination. Sein Herz schlug schneller, während Bilder in ihm aufstiegen, unverlangt, aber deutlich: Devins intimster Bereich, seine Kraft, vielleicht überlegen in Größe, Ausstrahlung, Anziehungskraft. Sein harter Schwanz, seine glänzende Eichel. Unwillkürlich fragte Samy sich, wie er selbst im direkten Vergleich abschneiden würde – würde er mithalten können, oder würde sich erneut jene quälende Unsicherheit bestätigen, die er ein Leben lang zu verdrängen versucht hatte?

Dann schlich sich Davina in seine Gedanken. Was würde sie wohl denken, wenn sie jetzt wüsste, dass er neben Devin lag? Würde sie ihn weniger als Mann wahrnehmen, oder wäre es ihr egal? Wenn Davina sich entscheiden müsste – wer von ihnen beiden wäre es dann, für den sie sich entschiede? Samy wurde die Kehle eng bei der Vorstellung, Davina könnte in Gedanken vielleicht bereits Devin vorziehen, mit all seiner selbstbewussten Ausstrahlung, ruhigen Kraft und dicken Penis. Das Gefühl nagte schmerzhaft an seinem Stolz, machte ihn verletzlich, fast bloßgestellt in seinem innersten Wesen.

Er wandte seinen Blick abrupt zur Decke, versuchte verzweifelt, seine Gedanken in harmlosere Bahnen zu lenken, doch die Bilder blieben, quälend real und eindringlich. Samy wusste nicht, wie er die Nacht überstehen sollte – mit dem Wissen, dass Devin neben ihm lag, so nah und doch unerreichbar, und möglicherweise längst jene Rolle eingenommen hatte, von der Samy tief in seinem Inneren fürchtete, dass er selbst niemals ganz dazu fähig sein würde.

Die Stille im Raum war dicht wie Samt, nur unterbrochen vom gleichmäßigen Atemzug, der langsam seinen Rhythmus änderte. Devin bewegte sich im Schlaf – oder vielleicht doch nicht ganz im Schlaf – und drehte sich mit einem leisen Rascheln zur Seite. Die Decke verrutschte dabei fast beiläufig, als hätte sie keinen Widerstand zu leisten, glitt über seine Hüfte hinweg und gab den Blick auf seinen Körper frei.

Samys Augen weiteten sich. Im Halbschatten zeichnete sich Devin nun vollständig ab – nackt, ruhig, offen, als sei es das Natürlichste der Welt. Und dann, fast unmerklich zuerst, begann sich etwas zu verändern. Devins Körper regte sich – ein leichtes Zucken, ein unwillkürliches Erstarken. Samy wollte wegsehen, doch er tat es nicht. Im Gegenteil. Wie gebannt starrte er, spürte, wie sich sein Blick festsaugte, wie seine Gedanken sich verhedderten. Er verglich – reflexhaft, instinktiv. Devin war größer. Definitiv. Selbst in der Dunkelheit war das nicht zu leugnen.

Samy schluckte trocken, sein Herz pochte in seiner Brust wie ein wildgewordenes Tier. Es war nicht nur Neugier, die ihn in diesem Moment übermannte, sondern etwas Tieferes, Ungeheuerlicheres: ein brennendes Gefühl zwischen Scham, Erregung, Neid – und etwas, das er nicht benennen konnte. Er war doch hetero. Ganz sicher. Oder?

Aber sein Körper begann, ihm zu widersprechen. Ein feines, kaum greifbares Kribbeln breitete sich aus, eine Hitze, die in seinen Lenden aufstieg, ein innerer Widerstand, der schwächer wurde. Er begann zu schwitzen, unruhig zu atmen, spürte, wie sein eigener Körper sich langsam veränderte, reagierte – auf das, was er sah, auf das, was er fühlte. Er versuchte, sich zusammenzureißen, doch sein Blick kehrte immer wieder zurück zu Devin, dessen Glied nun in halber Erektion dort lag, als wäre es eine unerschütterliche Tatsache, ein stilles Manifest von Kraft und Selbstgewissheit.

Samy vergrub seine Finger in die Matratze, innerlich zerrissen, aufgewühlt, am Rand des Kontrollverlusts. Und dann, gerade als er sich aufrichten wollte, gerade als er glaubte, es nicht mehr auszuhalten – fiel sein Blick zur Tür.

Ein Spalt war offen geblieben.

Im Schatten, kaum mehr als ein flüchtiger Umriss, standen zwei kleine Füße. Rot lackiert. Darüber ein Auge, eingerahmt von einer weichen Haarsträhne. Samys Herz setzte einen Schlag aus.

Davina.

 

Sie stand dort. Schaute zu. Sah ihn an. Sah beide an. Ihr Blick war still, unbeweglich – nicht schockiert, nicht neugierig, sondern konzentriert, als hätte sie auf genau diesen Moment gewartet.

Ganz langsam, fast geisterhaft lautlos, trat Davina durch den Spalt in das dunkle Zimmer. Die kleine Kerze, die sie aus dem Wohnzimmer mitgebracht hatte, warf ein weiches, flackerndes Licht auf ihre Züge. Es tanzte über ihre Wangen, ließ ihre Augen golden schimmern, als ob sie aus Licht gemacht wären. Sie wirkte nicht wie jemand, der ertappt oder heimlich war, sondern wie jemand, der genau wusste, wann der richtige Moment gekommen war.

Samy lag wie erstarrt, sein Herz raste, sein Körper brannte. Doch sie kam nicht, um ihn zu beurteilen. Nicht, um etwas zu verlangen.

Sie setzte sich leise an seine Seite, so sanft, dass selbst die Matratze kaum reagierte. Ihr weißes, halb durchsichtiges Nachthemd umspielte ihre Silhouette mit federleichten Falten, ließ die Konturen ihres Körpers ahnen und doch gleichzeitig wie ein Geheimnis erscheinen. Ihre nackten kleinen Füßchen baumelten vom Bettrand, die Zehen bewegten sich spielerisch, fast rhythmisch – auf und ab, als würde sie mit einer inneren Melodie tanzen, die nur sie hören konnte.

Mit einer stillen Geste beugte sie sich über ihn, streichelte ihm mit der Rückseite ihrer Hand die feuchte Stirn, wischte behutsam den Schweiß fort. Dann glitt ihre Hand in sein Haar, zog sanfte Bahnen durch die widerspenstigen Strähnen. Samy schloss unwillkürlich die Augen, atmete flacher, fühlte sich plötzlich – gehalten.

„Es ist alles gut,“ flüsterte sie, ihre Stimme so sanft, dass sie kaum mehr war als ein Hauch. Ihre Worte trugen keine Urteilskraft in sich, keine Erwartung – nur reine, ruhige Zuwendung.

Samy öffnete die Augen wieder und sah direkt in ihre. Warm, offen, ohne Spott, ohne Frage. Sie blickte ihn nicht wie ein Fremder an, sondern wie jemand, der ihn schon längst verstanden hatte. Wie jemand, der tiefer in ihn hineinsah als er selbst.

„Du bist nicht allein mit dem, was du fühlst,“ sagte sie leise. „Du musst nichts einordnen, nichts entscheiden. Du bist hier, und das reicht.“

Er wollte etwas sagen, aber sie hob nur leicht die Hand und sprach weiter, ruhig und liebevoll: „Ich weiß, dass du hetero bist. Und Devin auch. Das hier ist keine Prüfung deiner Sexualität. Es geht nicht darum, wen du begehren sollst – sondern darum, wer du bist, wenn du gesehen wirst. Wenn du weich wirst. Wenn du nicht kämpfst.“

Sie machte eine kleine Pause, sah ihn lange an.

„Diese WG wurde nicht nur aus Lust gegründet“, flüsterte sie. „Sondern auch aus Überzeugung. Weil wir glauben, dass Nähe heilt. Weil wir wissen, dass Freiheit nicht in der Abgrenzung liegt, sondern im Zulassen. Nacktheit ist für uns kein Spiel – sie ist Wahrheit. Und manchmal muss man einfach neben jemandem liegen dürfen, ohne sich zu verstecken. Um wieder ganz zu werden.“

Samy fühlte, wie die Hitze in ihm einer anderen Wärme wich – tiefer, ehrlicher. Keine Gier, kein Drang, sondern ein stilles Ankommen. In sich. Bei ihr. In diesem Raum.

Davina lächelte sanft, ihre Finger fuhren ihm noch einmal über die Stirn, dann legte sie die Kerze auf den Nachttisch. Das Licht tanzte weiter – und mit ihm etwas in Samys Innerem, das langsam zur Ruhe kam. 

Aber nicht Samys Glied. Ganz unbemerkt war es genauso steif geworden wie Devins Penis, der immer noch so hart nebenan salutierte. Wenn man näher hinschaute hatte sich dort sogar ein Lusttropfen gebildet, der langsam über die dicke Eichel floss.

Sanft legte Davina eine Hand auf Devins pralle Hoden und tastete sie kurz ab. „Schau mal“, flüsterte sie, und ihr Blick war warm und behutsam. Mit ihren zierlichen Fingern umschloss sie vorsichtig Devins Erektion, spürte seine Konturen, seine Form – nicht starr, sondern lebendig, weich, warm. Dann löste sie die Hand und zog sie behutsam zu Samy hinüber. Ihr Blick glitt langsam von Devin zu Samy, und im flackernden Kerzenlicht ließ sich erkennen, dass Devins Glied nur wenige Zentimeter länger war als Samys – vielleicht zwei Zentimeter. Und in der Umfassung mit Davinas Fingern wirkte beides überraschend ähnlich: die Dicke, die Härte, der Glanz der Eichel.

Sie machte eine kleine, verspielte Geste: Erst hielt sie den Zeigefinger an das Ende von Devins Schwanz, legte dann den gleichen Finger an Samys Spitze – ein flüchtiger Augenblick, in dem Samy den Abstand spürte und gleichzeitig begriff, wie eng die drei aneinander waren. Dann umspannte Davina mit Daumen und Zeigefinger beide Teile nacheinander, hingegeben einer skizzenhaften, fast kindlichen Präzisionsarbeit, mit der sie das Längenverhältnis demonstrierte: Ein kleiner Handgriff, der zeigte, dass es nur die winzigsten Unterschiede gab. Ihr Zeigefinger strich leicht über die Mitte, als wollte sie beweisen, dass die Dicke im Grunde dieselbe war. Dann ließ sie los und ließ ihre Hand wie von selbst ins Leere gleiten.

„Siehst du“, sagte sie leise, und in ihrer Stimme lag keinerlei Spott, nur eine tiefe Gewissheit, „es ist alles gut.“ Ihr Lächeln war so sanft, dass es selbst in der Finsternis des Zimmers noch leuchtete, fast wie eine zarte Bestätigung dessen, was er bereits ahnte: Dass er nicht weniger war, nur weil er anders geformt war. Sie schwor nickend: „Er hat 14,5 cm. Habe ich mal gemessen. Du hast vielleicht 12,5 cm. Fühlt sich beim Sex ähnlich an. Wenn ich so richtig geil bin merke ich keinen Unterschied! Wichtig ist nur dass ordentlich viel rausspritzt. Aber da du jetzt sicher viel an dein Glied gedacht hast, sind deine Eier sicher voll genug ;)“

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, erhob sie sich behutsam, verschmitzt in Samys Augen grinsend, nahm die Kerze vom Nachttisch und schritt zur Tür. Samy spürte, wie ihr Blick noch einmal kurz auf ihm ruhte, dann hörte er das leise Klicken, als sie die Zimmertür hinter sich ins Schloss zog. Das Licht der Kerze erlosch, und die Dunkelheit kehrte zurück – doch in ihm blieb ein warmes Nachglühen.

Allein in der Stille wollte Samy den Augenblick bewahren: Davinas kleine Hand, ihre sicheren Gesten, ihr ruhiges „Es ist alles gut“. Er dachte an ihr zartes Lächeln, an die Wärme ihrer Augen, die im flackernden Kerzenlicht fast wie geschmolzenes Gold wirkten. Ein Teil von ihm fühlte sich geborgen, getröstet, weil sie ihm bewiesen hatte, dass er genau richtig war – auch so, wie er war. Aber zugleich überschwemmte ihn eine Welle aus Fragen und Erwartungen für den kommenden Morgen: Würde er Blicken begegnen, die ihn anders ansahen, nachdem Davina ihn in diesem Moment so intim berührt hatte? Würde Devin ihn danach mit anderen Augen betrachten? Was war mit ihm überhaupt, hat er denn wirklich geschlafen oder alles mitbekommen, vielleicht sogar heimlich grinsend?

Doch in diesem Augenblick, in dieser letzten Sekunde, bevor der Schlaf ihn endgültig einholte, dachte er nur an Davina. An ihre zarten Zehen, die spielerisch auf und ab wippten, an das leichte Flattern ihres Nachthemdes und an die präsente Weiblichkeit, mit der sie sich um ihn gekümmert hatte. Und er wusste, dass etwas von dieser Geborgenheit in ihm geblieben war, ein leiser Funke, der vielleicht den Mut wecken konnte, am nächsten Tag wieder aufzustehen und sich dem zu stellen, was die Gemeinschaft und die Nacht noch für ihn bereithielten.

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